Kunstausstellung Dresden, moderne Kunst, Art Gallery, Christian Manss

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Take Over von Christian Manss: "Ein Fleck im Blau"

Vielen ist Christian Manss als unser Kurator für die Art Gallery bekannt. Im Rahmen jeder Ausstellung erwähnen wir, dass er neben seiner kuratorischen Tätigkeit eigentlich ein international agierender Künstler ist.

Aber was macht Christian Manss als Künstler? Wir haben Christian Manss, den Künstler, zu einem „Take Over“ der Art Gallery eingeladen und er durfte dabei selbst bestimmen, was er zeigen möchte.

Er entschied sich für fünf Arbeiten aus seinem „Insel-Zyklus“, welche zuletzt in einem Museum in Oberösterreich vor der Pandemie in 2019 gezeigt wurden.

Hier ein paar Worte von Christian Manss zu diesem Zyklus:

„Kaum eine Projektionsfläche unserer Vorstellungen und Wünsche ist so vielgestaltig wie „die Insel“ – gerade fernab der Meere. Der Raum ist begrenzt, doch die schier unendlichen Variationen der Deutung des Inselbegriffs sind so faszinierend wie ihre zahlreichen Ausformungen und Nutzungsarten. Gleich einer leeren Form füllen wir sie mit unseren Vorstellungen, Sehnsüchten und Ängsten. Malerisch macht gerade diese Beschränkung auf einen geschlossenen Umriss und das vermeintliche Schweben im Raum ihren besonderen Reiz aus – ein Fleck im Blau.

Inseln wurden in der Mythologie oft als hinter dem Horizont liegende, unerreichbare Gärten Eden oder verloren gegangene Paradiese geschildert (z. B. Avalon, Kythera, Elysion oder Atlantis). Der Mythos vom „Inselparadies“ hielt bis in die Neuzeit an und wurde von den Entdeckungsreisen des 18. und 19. Jahrhunderts noch gefördert; Louis Antoine de Bougainvilles „Voyage autour du monde“ von 1771 sowie Georg Forsters 1777 erschienenes Werk „A Voyage Round The World“ über die Pazifikreise von James Cook schienen über dies Jean-Jacques Rousseaus Menschenbild vom „Edlen Wilden“ zu bestätigen. Die Sehnsucht nach dem Inselparadies ist nach wie vor ungebrochen: Die Vorstellung von einem Ort, an dem man zur Ruhe kommt und sich endlich auf das Wesentliche konzentrieren kann, macht die Insel zum symbolischen Refugium des gestressten Menschen.

Inseln galten jedoch auch immer als Heimstätte grässlicher Ungeheuer, wie beim Minotaurus auf Kreta und der Glaube an geheimnisvolle, gefährliche und bedrohliche Inseln währt fort, wenn beispielsweise Menschen unter mysteriösen Umständen ums Leben kommen oder verschwinden(Eilean Mòr, Flannan Isles). Auch im popkulturellen Kontext werden Inseln gern mit Monstern und Bestien assoziiert(Filme wie Godzilla, Jurassic Park oder King Kong).

Natürlich prägen Inseln über Mythologie und Wunschdenken hinaus ebenso die gesellschaftliche und politische Landschaft. Egal ob als Gefängnis-, Lepra-, Grenz- oder Pirateninsel -ihre Begrenztheit bietet ebenso Schutz für ihre Bewohner als auch vor ihren Bewohnern. „Kein Flecken ist so verloren, wie der von Wasser umgebene, das Meer eine Mauer, der Horizont hoffnungslos leer.“ (Judith Schalansky). Um Inseln – selbst die kleinsten (Hans-Insel) – werden auch heute noch Kriege geführt, gibt es Streitigkeiten über die territoriale Zugehörigkeit. Oder sie werden neu geschaffen, um unseren idealen Vorstellungen zu entsprechen, wie Elysion, diese „Insel der Seligen“ – für den westlich geprägten Touristen des 21. Jahrhunderts. Doch was reizt uns so sehr an der Vorstellung einer Insel? Vielleicht ist es die Ambivalenz zwischen Beschränktheit und Freiheit, Traum und Verhängnis, Übersichtlichkeit und Verlorensein.

Der „Insel-Zyklus“ von Christian Manss ist Teil seiner Serie „Kollision“, bei welcher der deutsche Künstler seit 2013 Tapeziertische als formale Grundlage für Objekte und Gemälde verwendet. Als ersterbKünstler, der dieses Produkt für eine Reihe von Kunstwerken konsequent nutzt, arbeitet er direkt mit einem Hersteller von Tapeziertischen in Thüringen zusammen. So kann er auch das verwendete Material und die Größe der Tische beeinflussen. „Kollisionen“ nicht nur von Materialitäten und Zwecken, sondern auch von Fragestellungen und Meinungen. Was ihn neben der Transformation eines Alltagsobjekts in ein Kunstwerk interessiert, ist eine spielerische Annäherung bis hin zum kalkulierten Bruch mit der Erhabenheit der Kunst. Thematisch geht es in seiner Arbeit immer um das ‚Dazwischen‘ -die Spannung zwischen konkret und abstrakt, greifbar und transparent.“